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Puch Shabby Chic – Retrofit

Einzigartig und stilvoll – Liebevoll restaurierter Begleiter für die Stadt

Eckdaten:
Puch Sportrad aus den 1950er Jahren, Rahmenhöhe RH 51cm m-m (geeignet für 170-180), 5 Gang Sachs Pentasport, Brooks Sattel (1950er)

Projektbeschreibung:

Bei der Basis handelt es sich um ein Puch Jungmeister aus den 50er Jahren. Als mich das damalige Häuflein Elend erreichte, war ich mir alles andere als sicher, was ich damit anstellen sollte… Ausschlachten, Entsorgen oder im Keller verschwinden lassen? Aber es kam anders, je öfter ich in der Werkstatt daran vorbeimarschierte und umso genauer ich es mir anschaute, drängte sich ein verrückter Gedanke auf – Wiederbeleben!?!
Nach einer genauen Prüfung stellte sich heraus das die Substanz und Festigkeit einwandfrei ist. So fing ich an den „Rost“ zu putzen und es kam ein Mosaik aus Lack, Bemalung, Rost und blanker Stahl zum Vorschein. Einige würden dazu wunderschöne Patina oder Geschichte sagen, andere würden bei Schrott bleiben – subjektiv 😉 Ich gehöre wie du dir denken kannst zu den Ersteren. In weiterer Folge wurde der Rahmen gereinigt, poliert und klar lackiert.
Zum Aufbau habe ich mir folgende Gedanken gemacht: Für gewöhnlich versuche ich Fahrräder möglichst originalgetreu und authentisch aufzubauen. In diesem Fall war das weder sinnvoll noch zielführend. Da zum einen die Substanz der Laufräder und der Anbauteile einfach nicht mehr erhaltenswürdig war, zum anderen sollte das Ziel ein zweites Leben auf der Straße sein. Singlespeed ist zwar wieder im Trend, aber mMn weder alltagstauglich noch komfortabel in Wien. Nicht nur aus meiner persönlichen Erfahrung heraus halte ich 5 bis 8 Gang Nabenschaltungen für die optimale Schaltung in der Stadt. Das hat unterschiedliche Gründe: Stop ’n Go, Wartungshäufigkeit, Haltbarkeit und natürlich die Optik. An dieser Stelle hätte ich es mir nun einfach machen können und zB ein neues Laufrad mit einer 7 Gang Shimano Nabenschaltung raufklatschen. Einfach und stillos? Sicher nicht! Und so kam ich auf eine alte Bekannte, die Zweizug 5 Gang Pentasport – technisch sehr ausgereift, haltbar, wartungsfreundlich und mit einer sehr guten Verchromung ausgestattet. Ein weiterer Gedanke war: Auch noch in 30 Jahren mit dem Rad fahren zu können. Das ist aber nur möglich, wenn noch Ersatzteile verfügbar sind, im Gegensatz zu Schaltdraht, Klickboxen oder sonstigen umsatzfördernden Spezialkonstruktionen (moderne Nabenschaltungen eben) – kann das bei dieser Schaltung nicht passieren. Und so habe ich eine Penta organisiert, zerlegt, gereinigt und gewartet (für die nächsten 10 Jahre wieder das Sorglospaket). Für das vordere Laufrad entschied ich mich bauartbedingt und mit dem Ziel eines Ganzjahresfahrrad für eine Trommelbremse. Somit ist die hier maximale Laufradgröße verbaut (28 Zoll) und gleichmäßiges bremsen bei jedem Wetter möglich.
Gesattelt wurde das Ross mit einem sehr bequemen aufgearbeitet Brookssattel. Dann noch ein gerader Lenker, polierter ATEX Vorbau, Fizik Lenkerband, Lenkerstopfen und eine Klingel (fast aus den 50ern;) montiert und fertig ist der feuchte Hipster Traum.
Selbstverständlich wurde die Kurbel samt Glockenlager wie auch alle anderen Lager geöffnet gereinigt und geschmiert. In Summe waren das etwa 45 Stunden an Arbeit. Klar hätte ich es mir einfacher machen können, aber dann wäre das Ergebnis weder so stillvoll, langlebig und/oder ein Blender.
Interessant ist die Tatsache, dass es sich um kein schwergewichtiges Waffenrad handelt. Waffenräder zeichnen sich durch eine sehr hohe Belastbarkeit, Haltbarkeit und eine massive Bauweise aus. Sporträder hingegen, sind im Vergleich spürbar leichter. Gewicht war ebenso ein wichtiger Aspekt für dieses Projekt. Mit dem Ziel das Rad möglichst leicht zu halten, kam so viel „modernes“ Aluminium wie möglich zum Einsatz, ohne einen zu krassen Stilbruch zu begehen. So sind Felgen, Trommelbremse, Bremshebel, Vorbau und Lenker aus Alu. Einzig die Kurbel schien sinnvoller aus Stahl zu belassen, nicht nur Aufgrund der Optik und der Glocklagerabmaße – sondern auch weil Kurbel und Tretlager aus dieser Zeit fast unzerstörbar sind, mit einfachen Mitteln gewartet und repariert werden können.
Die Reifen wurden nach dem Fotoshooting auf neue Schwalbe Marathon Racer 35mm getauscht – 6,5 bar, leicht, gute Laufleistung, guter Grip, Pannenschutz, StVO konform, Understatement.

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